Terrorjustiz

Ab 1938 können alle Verbrechen und ab 1939 auch alle Vergehen bei den Sondergerichten angeklagt werden, die mit drei Berufsrichtern besetzt sind und in erster und letzter Instanz entscheiden.

Das Kriegsstrafrecht lässt bei fast jeder strafbaren Handlung die Todesstrafe zu. Die Sondergerichte legen das Kriegsstrafrecht weit aus, so dass auch Kleinkriminelle, Erst- und Gelegenheitstäter in großer Zahl zum Tode verurteilt werden.

Nach § 1 der „Volksschädlingsverordnung” müssen „Plünderer”, die bei oder nach Luftangriffen Diebstähle begehen, zum Tode verurteilt werden. Bei jedem Sondergericht werden 1942 sogenannte „Plünderer”-Kammern gebildet, die nach schweren Luftangriffen zusammentreten und im Schnellverfahren Todesurteile fällen. Deren Vollstreckungen werden unmittelbar nach den Angriffen zur Abschreckung auf roten Plakaten bekannt gemacht.

Seit 1942 ist Roland Freisler Präsident des „Volksgerichtshofes”. Er demütigt und verhöhnt die Angeklagten. Gesetzestexte werden systematisch willkürlich ausgelegt. Die Todesurteile werden nur noch sehr knapp „begründet”. Der „Volksgerichtshof” verübt justizförmige Tötungen.

Der 1907 geborene Hausmeister Hans Dobroszczyk übernimmt am 1. März 1943 zusätzlich eine Stelle als Kontrolleur im Ufa-Kino am Nollendorfplatz. Er wird am frühen Morgen des 2. März 1943 denunziert, weil er nach einem Luftangriff auf einem Ruinengrundstück eine Tasche aufgehoben hat. Dies gilt als „Plünderung“. Er wird festgenommen, angeklagt und noch am selben Tag vom Sondergericht II beim Landgericht Berlin zum Tode verurteilt. Schon am Morgen des nächsten Tages, dem 3. März 1943, wird Hans Dobroszczyk im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee enthauptet.