Alex Bartoszkiewicz

6. April 1897, Berlin – 9. März 1943
Alex Bartoszkiewicz

R 3017/35673

Bundesarchiv R 3017/35673

Alex Bartoszkiewicz arbeitet als Haus- und Laufbursche und wird 1916 zum Militärdienst eingezogen. Wegen Fahnenflucht und Diebstahls wird er zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Auch nach Kriegsende wird er wiederholt straffällig und zu Zuchthausstrafen verurteilt.
Die letzte Strafe verbüßt er im Zuchthaus Luckau. Dort führt er seit 1939 in einem Kreis von Mithäftlingen, die sich zum Teil vor 1933 in der KPD engagiert haben und zu denen auch Karl Vorberg gehört, politische Diskussionen und kritisiert die Politik des NS-Regimes. Nachdem Vorberg im April 1941 aus der Haft entlassen worden ist, schickt er Bartoszkiewicz chiffrierte Briefe mit Informationen über die politische Lage im Reich und die Kriegsentwicklung. Bartoszkiewicz gibt diese Briefe weiter und diskutiert sie mit anderen Häftlingen.
Alex Bartoszkiewicz und Karl Vorberg werden am 3. Dezember 1942 vom 2. Senat des „Volksgerichtshofs” wegen „Vorbereitung zum Hochverrat” zum Tode verurteilt. Sie werden am 9. März 1943 im Strafgefängnis Plötzensee ermordet.

Dokumente

Gefangenenkarte von Alex Bartoszkiewicz

Landesarchiv Berlin A Rep 369 Kartei

Todesurteil des „Volksgerichtshofs” gegen Karl Vorberg und Alex Bartoszkiewicz, 3. Dezember 1942

Bundesarchiv R 3018/4147

An
Herrn Oberreichsanwalt beim Volksgericht in Berlin W.

Herr Oberreichsanwalt!
Am 3.12.1942 bin ich vom 2. Senat beim Volksgericht Berlin wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt worden. Ich bin nie Kommunist gewesen, habe auch nie kommunistischen Anschauungen gehuldigt. Mir waren bis zu meiner Verurteilung alle Voraussetzungen für Hochverrat unbekannt. Wenn ich Mitgefangenen gegenüber politisch ungehörige Äußerungen getan, so nicht in der Absicht und mit dem Zweck die Autorität des nationalsozialistischen Staates zu untergraben oder überhaupt einer deutschfeindlichen Tendenz. Durch jahrelange Isolierung in Strafhaft und schweres Rheuma an Füßen und Händen, welches ich mir als Soldat im ersten Weltkrieg zugezogen, überkommen mich manchesmal Zustände, in denen ich gegen alles und jedes ungerecht war, wie ich sie ähnlich als Soldat im Schützengraben auch an besten Kameraden gefunden. Solche Momente klingen wieder ab, und machen einer vernünftigen Einsicht Platz. Die Aussagen der Zeugen gegen mich sind zum Teil unwahr und stark übertrieben, was der Herr Reichsanwalt auch vom Hauptzeugen Scholz behauptet hat. Ebenso hat der Leiter der Strafanstalt Luckau, Herr Reg. Wiedemann, den Zeugen Folkers als völlig unglaubwürdig und als das übelste Subjekt der Anstalt Luckau bezeichnet. Ich war durch eine verbotene Verbindung mit der Außenwelt seit Jahren in Besitz von Tabak und aus diesem Grunde bei einigen Mitgefangenen, da ich nicht jeden Raucher in Zelle regelmäßig abgeben konnte, ein stark gehaßter Gefangener und ständigen Anfeindungen ausgesetzt. Hat doch auch Herr Reg. Wiedemann vor Gericht bestätigt, daß häufig Gefangene aus persönlichen Gründen Behauptungen gegen Mitgefangene erfinden. Was die 3 Briefe des Mitverurteil-


ten Vorberg betrifft, so habe ich sie, wie auch der freigesprochene Hanke, als Mittel zur Unterbrechung der Einförmigkeit der Strafhaft zugenommen und gelesen. - Was meine Vorstrafen betrifft, so bitte ich, mir zu glauben, daß der Hauptgrund für meine Rückfälligkeit in meinem Bein- und Augenübel, welches Folgen des Frontdienstes sind, und den wirtschaftlich und auch sittlich so katastrophalen Verhältnissen zu suchen ist. War es für einen körperlich gesunden Menschen nicht leicht, in dieser Zeit Beschäftigung zu finden, so für einen körperlich behinderten wie mich beinahe unmöglich. Sofort nach meiner Entlassung aus dem Heer 1918 habe ich 6 Monat bettlägerig zugebracht, um im Laufe der Jahre 3 Jahre in Krankenhäusern stationär Aufnahme zu finden. Meine Eltern konnten mir in keiner Weise helfen, da mein Vater als Heimarbeiter sehr geringen Verdienst hatte, von dem meine Mutter und 4 schulpflichtige Geschwister unterhalten werden mußten; auch schlafen konnte ich bei meinen Eltern nicht, da schon 6 Personen auf einen Raum angewiesen waren. So habe ich im Jahre 1923 einen mir krankheitshalber gewährten Strafurlaub durch nackten Hunger leider zu neuen Straftaten benützt. Die in den Jahren nach dem Kriege gezahlte Unterstützung, besonders in den Inflationsjahren, reichte, auch bei äußerster Einschränkung, für die Lebenshaltung nicht aus. Glauben Sie, Herr Oberreichsanwalt, mir bitte, daß ich nie zum Eigentumsverbrechen geschritten bin in der Absicht mir Mittel für irgendwelchen Luxus zu verschaffen, immer war Wirtschaftsnot und Krankheit die Ursache. Was meine Militärstrafe angeht, so bin ich sofort nach Verurteilung auf eigenen Wunsch an die Front gekommen und dort bis zum Ende mit guter Führung ausgehalten und in Ehren entlassen. Ich habe mich nie an Leib oder Leben meines Mitmenschen vergangen, auch keinen armen Volksgenossen bestohlen oder je einen groben Vertrauensbruch begangen, so glaube ich von mir, daß ich noch nicht so durch u. durch verderbt bin, um für jeden Dienst an der Volksgemeinschaft ausgeschlossen werden zu müssen für immer. Heute, wo jeder Deutsche, auch der körperlich behinderte in Lohn und Brot steht, wäre ich nie straffällig geworden. Meine 3 Brüder und einziger Schwager dienen als Frontsoldaten dem Vaterlande, mein Vater ist 75 und Mutter 69 Jahre. Ich bitte mit meinen Eltern und Geschwistern inständigst, Herr Oberreichsanwalt, noch einmal Gnade walten zu lassen und meine Todesstrafe in Zeitstrafe umzuwandeln. Ich versichere noch einmal als gläubiger Katholik vor Gott und Menschen, daß ich weder Hochverrat noch kommunistische Ziele je beabsichtigt habe. Habe nie einer politischen Partei angehört.
gez. Alex Bartoszkiewicz





Gnadengesuch von Alex Bartoszkiewicz, 10. Dezember 1942

Bundesarchiv R 3017/35673

Protokoll der Verkündung des Todesurteils, 9. März 1943

Bundesarchiv R 3017/35673

Protokoll der Vollstreckung des Todesurteils, 9. März 1943

Bundesarchiv R 3017/35673

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