Maurice Bavaud
Bavaud fährt am 9. Oktober 1938 nach Deutschland mit der Absicht, Hitler zu töten. Vergeblich wartet er in Ber­lin, Berchtesgaden und München auf eine passende Gelegenheit für das Attentat. Nachdem er sich zweimal ohne Erfolg bemüht hat, mit gefälschten Empfehlungsschreiben bei Hitler direkt vorgelassen zu werden, will er nach Paris fliehen.
Mangels Geld fährt Bavaud ohne Fahrschein und gerät bei der Fahrscheinkontrolle in Schwierigkeiten. Die Pis­tole und die belastenden Dokumente trägt er noch bei sich. Er wird zunächst wegen Fahrkartenbetrugs und unbefugten Waffentragens vom Amtsgericht Augsburg zu einer mehrwöchigen Gefängnisstrafe verurteilt.
Beim Prüfen der Unterlagen Bavauds wird den Gestapo­beamten allerdings klar, dass sie es mit einem Atten­tatsversuch auf Hitler zu tun haben. Unter dem Druck der Verhöre gesteht Bavaud schließlich, Hitler töten zu wollen.
Der 2. Senat des „Volksgerichtshofs” verurteilt Maurice Bavaud am 18. Dezember 1939 zum Tode. Am 14. Mai 1941 wird er im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee er­mordet.
Dokumente
Gefangenenkarte von Maurice Bavaud
Landesarchiv Berlin A Rep. 369 Kartei
Anklage des „Volksgerichtshofs” gegen Maurice Bavaud vom 20. November 1939
Bundesarchiv R 3017/109
Urteil des „Volksgerichtshofs” gegen Maurice Bavaud vom 18. Dezember 1939
Bundesarchiv R 3017/109
Berlin-Plötzensee, den 12. Mai 1941
Lieber Papa, liebe Mama,
ich las gerade den Nachweis über die Existenz der Seele von Descartes, es war acht Uhr, als man mir verkündete, dass diese Nacht die letzte ist, die ich hier auf Erden verbringe. Ich hatte im Entferntesten nicht damit gerechnet; ich bin jedoch gelassen geblieben, was ich für ein gutes Zeichen halte, und werde es auch bis sechs Uhr bleiben, dem Moment, wo mein Kopf fallen wird. Das ist ein schrecklicher Moment, und er wäre unerträglich, wenn ich nicht die Hoffnung auf einen Gott hätte, der die Guten belohnt und die Bösen bestraft. Ich sterbe nun im Schoß der römisch-katholischen Kirche. Mit Christus vergebe ich alles, was zu vergeben ist. Mein Herz hegt keine Gefühle des Grolls mehr gegen niemanden. Ah! Wie gut es tut zu vergeben, vor allem in diesem Moment. Ich bitte auch meinen Vater im Himmel, meinen Feinden zu vergeben. Und ich bitte alle diejenigen um Verzeihung, die mir etwas vorzuwerfen haben. Darüber hinaus hat mein Herz im Laufe meines kurzen Lebens nie echten Hass verspürt.
Ich sterbe nicht stoisch, sondern christlich. Ich umarme Dich, Papa; ich umarme Dich, Mama; ich umarme Jean-Pierre, Hélène, Marie-Louise, Colette und Adrien; ich umarme meine lieben Tanten und alle meine anderen Verwandten. Ich umarme Euch fest, ganz fest, denn es ist das letzte Mal. Mein Gott! Ich kann mich Euren Armen nicht entziehen. Ich möchte weinen, aber ich kann nicht. Mein Herz zerspringt. Zu guter Letzt werden wir uns wiedersehen, da wir eine Seele haben. Ich werde einen kleinen Engel wiedersehen, meine kleine Schwester, unsere kleine Marie-Thérèse. Oh! Marie-Thérèse, führe mich zum Ewigen Leben. Seht: Ich löse mich von den Lebenden und verbinde mich mit den Toten. Wir müssen schließlich alle einmal sterben. Jeder, ohne Ausnahme, muss diesen Schritt tun. Lass nun, oh Herr, Deinen Diener in Frieden hingehen, wie Dein Wort es verkündet.
Jetzt werde ich die letzten Sakramente der Kirche erhalten. Der Geistliche des Gefängnisses ist bei mir. Adieu und tausend gesegnete Küsse.
Mein Vater und meine Mutter, ich danke Euch für alles, was Ihr für mich seit meiner frühesten Kindheit getan habt. Auf Wiedersehen im Himmel!
Ich gebe meine Seele in Gottes Hände zurück.
Euer Kind, Euer Bruder.
Maurice Bavaud
Abschiedsbrief von Maurice Bavaud an seine Eltern vom 12. Mai 1941
Archiv des Filmkollektivs Zürich
Sterbeurkunde von Maurice Bavaud vom 14. Mai 1941
Ancestry, Archiv zur Ahnenforschung