Der Wettbewerb für eine Gedenkstätte

Bereits im April 1946 gibt es im Hauptausschuss „Opfer des Faschismus” beim Magistrat von Berlin erste Überlegungen, in der ehemaligen Hinrichtungsstätte Plötzensee einen Gedenkort einzurichten.

Im Sommer 1946 wird auf Initiative des Ausschusses ein Wettbewerb für die Gestaltung einer Gedenkstätte ausge­schrieben. In Anzeigen in mehreren Tageszeitungen werden „alle antifaschistischen freischaffenden und angestellten Architekten, Bildhauer und Kunstschaffenden Deutschlands” zur Beteiligung aufgerufen. Geschaffen werden soll eine „internationale Weihestätte für die Antifaschisten aller Länder”.

Einladung in das Preisgericht

In das Preisgericht werden 1946 neben Arthur Werner und Vertretern des Berliner Magistrats vor allem Angehörige des Hauptausschusses „Opfer des Faschismus” eingeladen. Bei der Auswahl der Preisträger werden sie von dem bis Ende 1946 amtierenden Stadtbaurat Hans Scharoun sowie den Architekten Selman Selmanagić und Wils Ebert unterstützt.

Neben dem Wettbewerb für die Gestaltung einer Gedenkstätte im Strafgefängnis Plötzensee ist ein weiterer für ein Ehrenmal für die Opfer des Faschismus im Berliner Lustgarten geplant, der jedoch nicht umgesetzt wird.

Ottomar Geschke 16. November 1882 - 17. Mai 1957

Seit den 1920er Jahren ist der gelernte Schlosser Ottomar Geschke hoher Funktionär der KPD. Fast die gesamte Zeit des Nationalsozialismus verbringt er in Konzentrationslagern und Zuchthäusern oder unter Polizeiaufsicht. Unmittelbar nach der Befreiung im Mai 1945 wird Ottomar Geschke im ersten Berliner Nachkriegsmagistrat Stadtrat für Sozialwesen.

Als Vorsitzender des „Hauptausschuss Opfer des Faschismus” sind ihm die Belange von NS-Verfolgten ein besonderes Anliegen. Ottomar Geschke gehört selbst dem Preisgericht des ersten Wettbewerbs für einen Gedenkort im Strafgefängnis Plötzensee an.

Bis zum 16. Oktober 1946 gehen insgesamt 54 Gestaltungsentwürfe ein. Am 29. Januar 1947 findet die Sitzung des Preisgerichts statt. Dieses zeigt sich während seiner Sitzung enttäuscht über die künstlerische Qualität vieler Entwürfe und fühlt sich bei einigen an „typische Naziarchitektur” erinnert. Am Ende entscheidet sich das Gremium für den Entwurf des ehemaligen Bauhaus-Schülers Helmut Heide.

Angekauft werden soll zudem ein Entwurf des Architekten Hans Bartling, der auf einen Erhalt des Hinrichtungsschuppens verzichtet und lediglich eine Kennzeichnung der Hinrichtungsstelle vorschlägt. Dritter Preisträger ist ein gemeinsamer Beitrag des Architekten Otto Bartel und des Malers Horst Strempel, der auf einer Holzschnitzerei des am 22. Dezember 1942 in Plötzensee ermordeten Bildhauers Kurt Schumacher basiert.

Zwischen dem 16. und 22. Februar 1947 werden alle eingereichten Arbeiten der Berliner Bevölkerung in einer Ausstellung im Weißen Saal des Berliner Schlosses präsentiert.

Die Entscheidung des Preisgerichts

Bereits in der Vorprüfung werden die eingereichten Arbeiten je nach dem Umfang der geplanten Umgestaltung des Hinrichtungsschuppens in fünf Gruppen eingeteilt. Favorisiert werden die Arbeiten, die den Hinrichtungsraum in seiner Form erhalten und von dem übrigen Gelände abgrenzen wollen. Die Entwürfe liegen dem Gremium in anonymisierter Form vor.

Der Entwurf von Helmut Heide

Der Entwurf von Helmut Heide lässt das Gebäude des Hinrichtungsschuppens unberührt und schafft einen davon abgetrennten Platz für Gedenkfeiern. Dafür soll vor dem Gebäude eine acht Meter hohe, mit schwarzen Basaltplatten verblendete Gedenkwand errichtet werden. Zu beiden Seiten der Gedenkwand befindet sich eine Abgrenzungsmauer aus rötlichem Kieselwaschputz, die sich um die gesamte Anlage der Gedenkstätte zieht. Das Gelände der Gedenkstätte soll vom damaligen Heuweg, der im März 1950 nach dem in Plötzensee ermordeten Richard Hüttig benannt wird, zugänglich sein.

Auf der Gedenkwand, die sich über die gesamte Breite der Anlage zieht, sollen die Namen der in Plötzensee Hinge­richteten angebracht werden. Vorgesehen ist Raum für 1.800 Namen. Durch ein 2,5 Meter hohes Tor, das zu beiden Seiten durch zwei riesige etwa 4,5 Meter hohe trauernde Figuren gesäumt ist, führt der Weg zum Hinrichtungsschuppen.

An den im vorderen Teil der Anlage gelegenen Platz für Gedenkfeiern schließen sich sechs Rasenflächen an, die an der linken Seite von jeweils zwei Pappeln begrenzt werden. An der dahinterliegenden Abgrenzungsmauer sollen Gedenktafeln mit den Namen der Herkunftsländer der Ermordeten sowie Halterungen für Kränze angebracht werden.

Der Entwurf von Helmut Heide, der mit der Gedenkwand für die einzelnen Nationen den in der Ausschreibung gewünschten internationalen Charakter der Gedenkstätte umzusetzen versucht, wird nicht realisiert. Die Gründe hierfür sind wahrscheinlich in den hohen Kosten und dem zu dieser Zeit herrschenden Materialmangel zu suchen. Zudem verändern sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Spaltung der Stadt auch die Voraussetzungen für ein würdiges Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.