Nach der Eröffnung

Nach der Eröffnung finden in Plötzensee zu ausgewählten Anlässen Kundgebungen und Gedenk­­veranstal­tungen statt, bei denen an verschiedene Opfergruppen der national­sozialistischen Verfolgung erinnert wird. Zum Ende der 1950er Jahre wird der historische Ort in weiten Teilen der Öffentlichkeit jedoch meist nur noch mit den hier ermordeten deutschen Angehörigen des Widerstandes in Verbin­dung gebracht. Dazu trägt auch bei, dass der Gedenktag für die „Opfer des National­sozialismus“ seit 1955 nicht mehr vom Senat begangen wird. Stattdessen erlangt die alljährliche Feierstunde zur Erinnerung an den gescheiterten Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 zunehmende Bedeutung und verstärkt die gedenk­­politische Verengung.

Dennoch bleibt Plötzensee ein internationaler Gedenkort für alle Opfer der NS-Diktatur. Diesen Anspruch unterstreicht auch eine Steinurne mit Erde aus verschiedenen ehemaligen Konzen­trations­lagern, die 1956 im Innenhof der Gedenkstätte aufgestellt wird. Sie verknüpft das Gedenken an die in Plötzensee ermordeten Männer und Frauen mit der Erinnerung an den national­sozialistischen Völker­mord.

Der 10. Jahrestag des 20. Juli 1944

Zum 10. Jahrestag des gescheiterten Umsturz­versuches vom 20. Juli 1944 finden in Berlin mehrere Gedenk­feiern unter Beteiligung hoher staatlicher Repräsen­tanten statt. Veranstaltungs­orte sind die Freie Universität, der Hof des Bendlerblocks und die Gedenk­stätte Plötzensee. An den Feiern nehmen auch Bundes­präsident Theodor Heuss und Bundes­kanzler Konrad Adenauer teil, die dafür eigens aus Bonn nach Berlin gekommen sind.

Erweiterung des Gedenkens

Im Mai 1956 beschließt der Berliner Senat, eine Steinurne mit Erde von anderen Orten der NS-Verbrechen in Plötzensee aufzustellen. Die Gestaltung übernimmt der Bildhauer Karl Wencke (1911-1971). Der Bronzedeckel wird von Hans Joachim Ihle (1919-1997) erarbeitet und trägt die Inschrift „Den Opfern der Konzentrations­lager in ehrendem Andenken gewidmet". Eine bronzene Bodenplatte vor der Urne informiert darüber, dass die Urne „Erde aus deutschen Konzentrations­lagern" enthält.

Die Aufnahme links zeigt letzte Arbeiten an der Steinurne. Auf dem rechten Foto ist die Gedenkfeier in Plötzensee am 19. Juli 1956 zu sehen, auf der die Urne aus Muschelkalk der Öffentlichkeit übergeben wird. Die Schleifen am Kranz des Senators für Arbeit und Sozial­­wesen tragen die Inschrift „Allen Opfern der rassistischen Verfolgung“.

Daher ist der 20. Juli, daher ist diese Hinrichtungsstätte hier in Plötzensee nicht das Reservat einer politischen Gruppe allein – sie ist das Symbol des in Blut erstickten Aufstandes aller freiheitsliebenden Kräfte unseres Volkes.

Joachim Lipschitz, Rede auf der Veranstaltung zum Jahrestag des 20. Juli 1944 in der Gedenkstätte Plötzensee, 19. Juli 1956

Das wachsende Interesse der Öffentlichkeit an Plötzensee stellt die Berliner Verwaltung auch vor neue Heraus­forderungen. So erreichen Innensenator Joachim Lipschitz, der sich für zahlreiche Belange von NS-Verfolgten einsetzt, Beschwerden über den Zustand des historischen Ortes.

Der Senator für Inneres übernimmt 1958 die Zuständigkeit für die ehemalige Hinrichtungs­stätte. Ebenso engagiert sich weiterhin der Bezirk Charlotten­burg: Er lässt 1959 an der Beussel- und Seestraße sowie am Goerdeler Damm Hinweisschilder zur Gedenkstätte Plötzensee aufstellen.

Gustav Adolf Tepper 2. Januar 1902 – 17. Mai 1969

Der Buchhändler Gustav Adolf Tepper erlebt den Zweiten Weltkrieg als Soldat der deutschen Marine. Nach us-amerikanischer Kriegsgefangen­schaft kehrt er 1945 nach Berlin zurück und eröffnet ein eigenes Geschäft. Anfang der 1950er Jahre tritt er in die CDU ein. Von 1958 bis 1966 ist er für die Partei Mitglied der Bezirks­ver­ordneten­­versammlung von Charlotten­burg. Von Tepper gehen zahlreiche Initiativen für die Ausgestaltung der Gedenkstätte Plötzensee aus. Ebenso informiert er in Führungen vor Ort vor über die Geschichte der ehe­maligen Hinrichtungs­stätte. Auf Anregung von Tepper bringt die Berliner Landes­zentrale für Politische Bildungsarbeit 1960 eine Broschüre für die Gedenkstätte heraus.

Die Broschüre zu Plötzensee

Ende der 1950er Jahre verzeichnet Plötzensee stark steigende Besucherzahlen. Die Gedenk­stätte bekommt verlängerte Öffnungszeiten. Auch können sich Besucherinnen und Besucher mit Hilfe einer kostenlos ausgelegten Broschüre informieren. Herausgeber ist die Landeszentrale für Politische Bildungs­arbeit, die für das Vorhaben den renommierten Historiker Friedrich Zipfel gewinnen kann. Das Werk stellt zunächst nur ausgewählte Angehörige der deutschen Widerstands­bewegung vor. Erst in späteren Neu­auflagen werden auch ausländische NS-Opfer berücksichtigt, die in Plötzensee ermordet wurden.