Die Ausgangssituation 1945

Bei den alliierten Luftangriffen auf Berlin in der Nacht vom 3. auf den 4. September 1943 wird die Strafanstalt Plötzensee schwer getroffen. Beschädigt werden das Haus III, in dem die zum Tode Verurteilten die letzten Stunden vor ihrer Ermor­­dung verbringen, sowie ein Teil des Hinrichtungsschuppens. Das Morden geht jedoch unvermindert weiter. Noch am 18. April 1945 werden 33 Häftlinge im Strafgefängnis Plötzensee hingerichtet. Eine Woche später, am 25. April 1945, nehmen sowjetische Truppen das Gelände der weitgehend geräumten Strafanstalt ein.

Nach Kriegsende bestimmen die Alliierten, dass das Strafgefängnis Plötzensee als Jugendhaftanstalt weitergeführt werden soll. Von Seiten der Alliierten und der Verbände der Opfer des Nationalsozialismus gibt es erste Initiativen, die Namen und die Herkunftsländer der Ermordeten zu erfassen. Diese sind zumeist anonym bestattet worden. Für die Angehörigen ist die ehemalige Hinrichtungsstätte Plötzensee ein wichtiger Ort der individuellen Trauer und des gemeinsamen Gedenkens.

Schreiben von Falk Harnack an die Britische Militärregierung

Da sich die ehemalige Hinrichtungsstätte auf dem Gelände der Strafanstalt Plötzensee befindet, ist sie nicht öffentlich zugänglich. Falk Harnack wendet sich am 13. Dezember 1948 an die zuständige Rechtsabteilung der Britischen Militär­regierung.

Er möchte im ehemaligen Hinrichtungsschuppen anlässlich des Todestages seines Bruders Arvid und seiner Schwägerin Mildred gedenken. Arvid Harnack ist dort am 22. Dezember 1942, seine Ehefrau Mildred am 16. Februar 1943 ermordet worden. Ihre sterblichen Überreste sind im Krematorium Berlin-Wilmersdorf eingeäschert und an unbekanntem Ort beigesetzt worden.

Peter Buchholz 31. Januar 1888 - 4. Mai 1963

Peter Buchholz studiert katholische Theologie und wird 1911 im Kölner Dom zum Priester geweiht. Anschließend ist er als Kaplan in Essen tätig und leistet im Ersten Weltkrieg Dienst als Divisionspfarrer. Seit 1926 ist er als Gefängnisseelsorger in Essen und Düsseldorf tätig. 1943 wird er als Gefängnispfarrer in das Strafgefängnis Berlin-Plötzensee versetzt, wo er viele der Häftlinge, die ein Todesurteil erhalten haben, seelsorgerisch betreut. Trotz Verbots sucht er Kontakt zu den nach dem Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 zum Tode Verurteilten und berichtet nach Kriegsende den Familien über deren Schicksal.

1945/46 gehört er als Beirat für kirchliche Angelegenheiten dem Magistrat von Groß-Berlin an und ist gemeinsam mit Probst Heinrich Grüber an den Planungen für die Errichtung einer Gedenkstätte in Plötzensee beteiligt. Er kehrt 1946 in seine Heimat­diözese zurück, wo er erneut als Gefängnispfarrer arbeitet. Im Nachkriegsdeutschland setzt sich Peter Buchholz engagiert für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus ein.

Rundfunkansprache des Gefängnisgeistlichen Peter Buchholz am 20. Juli 1945

Der katholische Gefängnisgeistliche macht mit einer Ansprache im Berliner Rundfunk die Öffentlichkeit auf das Schicksal der in Plötzensee Inhaftierten und Ermordeten aufmerksam. Er berichtet über seine Begegnungen mit den in Plötzensee hin­ge­richteten Frauen und Männern und würdigt den Widerstand gegen den National­sozialismus in seiner weltanschaulichen Vielfalt.

Und wir - wir beugen uns in Ehrfurcht vor diesen Toten, die in ihrem Sterben für die Freiheit auch unsere Toten wurden. Eine lange Reihe, Hunderte, Tausende sehe ich an mir vorbeiziehen. Ihre Namen sind in die Geschichte ihrer Völker eingegangen.

Pfarrer Peter Buchholz in seiner Rundfunkansprache am 20. Juli 1945

Im Juni 1945 wird in Berlin der Hauptausschuss für die „Opfer des Faschismus“ (OdF) beim Berliner Magistrat gegründet. Er setzt sich für die materiellen Belange der Opfer des Nationalsozialismus sowie für ein würdiges Gedenken ein. Auf An­regung des Ausschusses wird im September 1945 erstmals der „Gedenktag für die Opfer des Faschismus” begangen.

Am 22. September 1946 findet anlässlich des Tages eine Massenkundgebung im Berliner Lustgarten statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht die Würdigung des deutschen Widerstands.

Arthur Werner und Marion Gräfin Yorck von Wartenburg, die im Film gezeigt werden, engagieren sich wenig später für die Einrichtung einer Gedenkstätte in Plötzensee. 

Bericht über die OdF-Kundgebung im Berliner Lustgarten am 22. September 1946