August Bavoni

14. September 1895, Freiburg/Breisgau – 6. April 1943
August Bavoni arbeitet nach dem Besuch der Volks­schule im Steinmetzgeschäft seines Vaters. Er nimmt am Ersten Weltkrieg teil und wird dort mehrfach verwundet. Nach dem Krieg ist er zunächst wieder im väterlichen Geschäft beschäftigt, zieht dann jedoch aus dem Schwarzwald nach Berlin.
Bavoni wird mehrfach wegen Eigentumsdelikten zu Haftstrafen verurteilt. Am 26. September 1941 wird er erneut festgenommen und gemeinsam mit elf weiteren Personen wegen Verstößen gegen die „Kriegswirtschafts­verordnung” angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, ge­fälschte Urlauber-Lebensmittelkarten erworben und zum Teil weiterverkauft zu haben sowie illegal mit bezugs­beschränkten Waren gehandelt zu haben.
August Bavoni wird am 21. Dezember 1942 vom Sonder­gericht IV beim Landgericht Berlin zum Tode verurteilt und zwei Tage später in das Strafgefängnis Plötzensee überstellt. Ein von ihm gestellter Antrag auf eine Wieder­aufnahme des Verfahrens wird am 4. Februar 1943 negativ beschieden, sein Gnadengesuch abgelehnt.
August Bavoni verstirbt am 6. April 1943 in der Haft im Strafgefängnis Plötzensee.

Dokumente

Gefangenenkarte von August Bavoni

Landesarchiv Berlin A Rep 369 Kartei

August Bavoni
Gefb.Nr. 2310.42.
Aktenzeichen: (Land. IV) 3. Gna.KLr. 80/42 (1544.42)

Berlin-Plötzensee, den 10. Januar 1943

An den
Herrn Reichsminister der Justiz
in Berlin

Am 21.12.42. wurde ich vom Sondergericht IV, wegen Verbrechens gegen die Kriegswirtschaftsverordnung zum Tode verurteilt; und bitte dem Herrn Reichsminister der Justiz folgendes Gnadengesuch unterbreiten zu dürfen, mit der ergebenen Bitte, das Todesurteil im Gnadenwege in eine zeitlich begrenzte Strafe umzuwandeln.
Zu Hause erzogen, nach Schulentlassung 1910 im väterlichen Geschäft als Steinbauer tätig, kam ich 1913 als 2jährig Freiwilliger zum F.R. 113, Freiburg. i. Br., machte den Weltkrieg mit, war Unteroffizier, erhielt 2 Auszeichnungen, 2 Mal verwundet, Magen- u. Darmkrankheit; infolge deren über 20 Jahre leidend.
Nach dem Krieg wieder zu Hause, durch die Folgen des Krieges war das Geschäft nicht mehr existenzfähig, kam 1925 nach Berlin, den Verhältnissen nicht gewachsen, kam ich auch in schlechte Hände. Infolge des Kriegsleidens krank, ohne Beschäftigung, also durch Hunger u. Not wurde ich 12 Mal straffällig bis zum Jahre 1933. Bekam dann Arbeit bei der Sparfeuerungsfirma Dünnbier, Freiburg, für diese arbeitete ich ab 1934 wieder in Berlin bis mein Arbeitgeber nach Spanien reiste. Meinem Schicksal überlassen, dazu Hunger wurde ich 1935 noch 1 Mal straffällig. Nach Strafentlassung 1937 ischiaskrank, diese Krankheit verschlimmerte sich so sehr, daß ich kaum noch gehen konnte u. nachts in Schweiß badete, dazu kam ein Nervenzusammenbruch. Einigermaßen hergestellt bekam 1939 bei der Fa. Matulat, Bln. Halensee, Joachim Friedr. Str. 39 Stellung, die ich wegen Arbeitsmangel 1940 aufgeben mußte, dann einige Monate als Vertreter in der Reinigungsmittelbranche tätig, kam ich im Frühjahr 1941, als Expedient zur Fa. Foramus-Ger., Bln. W. 30, Hohenstaufenstr. 65
Mit diesen Ausführungen möchte ich vermittelt haben, wie mein Leben sich abwickelte u. wie sehr ich unter der Arbeitslosigkeit, u. der Kriegskrankheit zu leiden hatte nur


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Hunger u. Not waren meine ständigen Begleiter, durch diese ganzen Jahre, die mich mürbe u. willenlos machten, trotz bester Vorsätze. Trotzdem glaube ich an mich und an den guten Kern den meine sel. Mutter mir einst ins Herz pflanzte.
Ich bin mir heute bewußt, daß ich mich bei meiner letzten Straftat, zu der ich mich bekenne u. auf das tiefste bereue, schwer am Volkskörper mich versündigt habe, doch bitte ich sehr darum vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, mir anrechnen zu wollen, daß mein durch die Ischiaskrankheit heruntergekommener Körper mehr Aufbaunahrung verlangte. Ich wollte auch nur Lebensmittelkarten für mich kaufen, leider kam es dann auch zum Verkauf solcher. Ich bitte auch zu berücksichtigen, daß mir der Kauf durch das Angebot sehr leicht gemacht wurde. Besonders bitte ich zu meinen Gunsten zu rechnen, daß ich wohl als einziger der Angeklagten ab Mai 41., als bekannt wurde, daß die Fleischration von 500 auf 400 gr. heruntergesetzt wird, aufhörte Karten zu Kaufen. Daß ich als oft Vorbestrafter die moralische Kraft aufbrachte dem Tier welches im Menschen steckt Widerstand zu leisten in dem Moment, wo ich ein viel höheres Angebot pro Karte bekam, 10,- Mk. u. mehr, statt 6.50 Mk. u. dem Guten zum Sieg verhalf, darf wohl als ein gutes Zeichen für mich gewertet werden, denn ein notorischer Verbrecher hätte wahrscheinlich nicht so gehandelt.
Ferner bitte ich zu meinen Gunsten zu rechnen, daß ich 26 Jahre unbescholten u. Frontsoldat war, die besten Schul- u. Militärzeugnisse habe u. krank aus dem Krieg zurückkehrte, daß auch 12 Straftaten zwischen 1921-33. u. 1 Tat zwischen 1933-41. liegen. Ich will damit keineswegs meine Straftaten entschuldigen, da ich nicht nur meine letzte Tat aufs außerordentlichste bereue, sondern alles restlos was ich bis jetzt begangen habe. Zum Schluß bitte ich den Herrn Reichsminister, nochmals um die Gnade mir das Leben erneut zu schenken u. mich evtl. an den Platz zu stellen, wo das Vaterland Kräfte braucht. Es wird meine heiligste Pflicht sein nur noch der Volksgemeinschaft in Arbeit zu dienen, auch unter Einsatz des Lebens, um so meinen Angehörigen u. meiner Braut, - alles einwandfrei Personen - die Schande auf dem Schafott geendet zu sein zu ersparen. Ich bin im Grunde meines Herzens genau noch derselbe, wie damals der junge pflichttreue Soldat Bavoni 1914-18 u. bin überzeugt, daß ich vieles wieder gutmachen kann, zumal ich den eisernen Willen dazu habe.
Für eine mir erwiesene Gnade, werde ich den Dank abstatten, so wahr mir Gott helfe.

August Bavoni

Gnadengesuch von August Bavoni, 10. Januar 1943

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep 12 C Berlin II, Nr. 14637



Ablehnung des Wiederaufnahmeantrages von August Bavoni, 4. Februar 1943

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep 12 C Berlin II, Nr. 14644

Mitteilung über den Tod von August Bavoni, 8. April 1943

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep 12 C Berlin II, Nr. 14634

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