Elisabeth-Charlotte Gloeden

9. Dezember 1903, Köln – 30. November 1944
Elisabeth-Charlotte Gloeden

Elisabeth-Charlotte Gloeden

Privatbesitz

Elisabeth-Charlotte Kuznitzky (genannt Liselotte) ist die Tochter des jüdischen Sanitätsrats Martin Kuznitzky und seiner Frau Elisabeth. Nach dem Abitur studiert sie Rechtswissenschaften und promoviert im Mai 1928 an der Universität Köln. 1938 heiratet sie den Berliner Architekten Erich Gloeden.
Das Ehepaar unterstützt verfolgte Jüdinnen und Juden, besorgt falsche Pässe und Lebensmittel oder gewährt und organisiert Unterschlupf. Nach dem Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 verstecken sie den untergetauchen General der Artillerie Fritz Lindemann zunächst im Nach­barhaus, wo Liselotte Gloedens Mutter Elisabeth Kuznitzky wohnt, dann in ihrer eigenen Wohnung in der Kastanienallee 23 in Berlin-Charlottenburg.
Nach einer Denunziation stürmt ein Gestapo-Kommando am 3. September 1944 die Wohnung der Gloedens. Als Lindemann versucht, sich aus dem Fenster zu stürzen, schießen die Gestapo-Beamten auf ihn. Er stirbt am 22. September 1944 im Berliner Polizeikrankenhaus.
Elisabeth-Charlotte und Erich Gloeden und Elisabeth Kuznitzky werden festgenommen und am 27. November 1944 vom „Volksgerichtshof” zum Tode verurteilt. Drei Tage später wird Liselotte Gloeden gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Ehemann im Strafgefängnis Plötzensee ermordet.

Dokumente

Todesurteil des „Volksgerichtshofs” gegen Elisabeth-Charlotte und Erich Gloeden sowie Elisabeth Kuznitzky, 27. November 1944

Bundesarchiv NS 6/20

Mitteilung über das Todesurteil gegen Elisabeth-Charlotte Gloeden, 27. November 1944

Landesarchiv Berlin A Rep. 365, Nr. 89

Kuznitzky, Elisabeth 4/806 Gesuch

Frauenstrafgefängnis Berlin NO 18, den 29. November 1944.

Gnadengesuch
Z. I; L. 432/44

An den Herrn Oberreichsanwalt beim Volksgericht.
Berlin

Am 27. November bin ich Elisabeth Kuznitzky und ist meine Tochter Elisabeth Charlotte Gloeden zum Tode verurteilt worden. Wir bitten, dieses Urteil auf dem Gnadenwege in eine Freiheitsstrafe umzuwandeln.
Wir haben immer hohe sittliche Anforderungen an uns gestellt und uns bemüht, nach diesen zu handeln: das Gute und Rechte zu tun. Die Tat und die Unterlassung, die uns jetzt vor den Richter brachten, geschah aus Mangel an Einsicht und Entschlusskraft. Es fehlte uns die Erkenntnis, dass wir durch unsere Handlungsweise; dem Feinde nützen könnten.
Wir bereuen die Tat auf das Tiefste.
Für eine böse Absicht bei Begehung dieser Tat fehlt bei uns jede Voraussetzung auch jede gefühlsmässige: Ich bin im Elsass auf-

gewachsen zu einer Zeit als dort das Deutschsein sogar für Kinder ein tägliches Sichwehren bedeutete, man also ganz bewusst deutsch war.
Die im Rheinland verlebte Jugend meiner Tochter, wurde bestimmt und erhielt ihre ernste Richtung durch die Schatten, die der verlorene Krieg und die Besatzungsnöte auf das Elternhaus warfen. Meine Tochter hat in ihren Studienjahren niemals einer linksgerichteten Vereinigung angehört, auch darin in Übereinstimmung mit ihren Eltern.
Die Tradition ihres Elternhauses, in welchem in den durch Rhein- und Ruhrbesetzung verursachten Notzeiten viele Geschädigte und Flüchtlinge; tätige Hilfe fanden, hat meine Tochter im eigenen Hause fortgesetzt. Immer wieder hat sie in den letzten Jahren Geschädigten durch persönlichen Einsatz geholfen, die aus Berlin, Köln, Mannheim u.a.m. zu ihr um Hilfe kamen.
Aus unserer ganzen Einstellung heraus, ist uns eine absichtliche Schädigung unseres Staates, gar nicht denkbar. Wir sind mit dem Herzen u. der Tat immer für die gewesen, die Deutschlands Geschick in Händen halten. Wir beklagen es tief,


2.

Kuznitzky, Elisabeth 4/806

dass eine Verkettung unglücklicher Umstände zu unserer Straftat führte und bitten nochmals inständig, uns zu begnadigen.
Elisabeth Kuznitzky geb. v. Liliencron
zugleich für ihre Tochter
Elisabeth Charlotte Gloeden
geb. Kuznitzky.


Gnadengesuch von Elisabeth Kuznitzky für ihre Tochter, 29. November 1944

Landesarchiv Berlin A Rep. 365, Nr. 102

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