Elisabeth Groß

24. Juli 1899, Worms – 25. August 1944
Elisabeth Gro<span>ß</span>

Porträt von Elisabeth Groß in Worms, 1932

Bundesarchiv R 3017/31861

Elisabeth Geiberger ist seit 1918 mit dem Wormser Fuhrmann Heinrich Groß verheiratet, mit dem sie zwei Söhne hat. Elisabeth und Heinrich Groß sind KPD-Mitglieder, treten aber noch vor 1933 wegen interner Auseinandersetzungen aus der Partei aus.
Elisabeth Groß arbeitet aktiv in der Internationalen Arbeiter-Hilfe (IAH). Sie gründet eine IAH-Küche in Worms, die die notleidende Bevölkerung mit warmen Mahlzeiten versorgt. 1932 kann sie als Vertreterin der IAH nach Moskau und Leningrad reisen.
Mit Kriegsbeginn eröffnet sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihren Söhnen für einige Zeit ein Transportgeschäft, das mit zwei Lastwagen für die Organisation Todt arbeitet. Heinrich Groß und die beiden Söhne werden schließlich zum Wehrdienst eingezogen.
Am 8. August 1943 wird Elisabeth Groß nach einer Denunziation in ihrer Wohnung festgenommen. Ihr wird vorgeworfen, sich gegenüber einem Unteroffizier in „wehrkraftzersetzender” Weise geäußert zu haben. So soll sie erklärt haben, der Krieg sei verloren und jemand müsse Hitler töten. Zudem soll sie den mit ihrem Sohn befreundeten Soldaten zur Desertion auf­gefordert haben.
Obwohl eine wichtige Belastungszeugin ihre Aussagen vor Gericht relativiert, wird Elisabeth Groß am 21. Juli 1944 vom „Volksgerichts­hof” wegen „Wehrkraftzer­setzung und Feindbe­günstigung” zum Tode verurteilt. Sie ist zu diesem Zeitpunkt aufgrund eines langjährigen Nervenleidens und der Haftbedingungen kaum noch vernehmungsfähig und geistig stark verwirrt. Entgegen ärztlicher Gutachten geht das Gericht jedoch von ihrer vollen Schuldfähigkeit aus.
Elisabeth Groß wird am 25. August 1944 im Straf­gefängnis Plötzensee ermordet.

Dokumente

Urteil des „Volksgerichtshofs” gegen Elisabeth Groß, 21. Juli 1944

Bundesarchiv R 3017/31861

26. JUL. 1944 Rk Ge 207/44 A
Go 238/44 A

Der Präsidialkanzlei
Reichskanzlei Bg. 26/7.

Gn.

Worms, den 24. Juli 1944

[Stempel: Präsidialkanzlei des Führers und Reichskanzlers
Eing.: 28. JUL. 1944]

Betr.
Gnadengesuch der zum Tode verurteilten Elisabeth Groß:

Mein geliebter Führer!
Endesunterzeichnete bittet um Gnade, der zum Tode verurteilten Tochter Elisabeth Groß.
Als Grund führe ich an. Nachdem die Verhandlung gewesen ist und wir alle jetzt erst im Bilde sind, in welcher Art meine Tochter dieser Strafe verfallen ist, bin ich erschüttert, so etwas von ihr zu hören. Wenn sie auch vor der Machtübernahme anderer Gesinnung war, hat sie sich im dritten Reich immer als deutsche Frau und als größte Wohltäterin überall geführt. Ich als Mutter, von 14 Angehörigen, kämpfenden Soldaten meiner Familie, kann es nicht glauben, daß meine Tochter, ohne irgend einen Grund, sich solcher Äuserungen bedient hätte. Wie der Zeuge aussagte, ist er schon mit dem Vorsatz zu dieser nervenkranken Frau gegangen, ohne den deutschen Gruß, was doch eine richtige Herausforderung gewesen ist. Bei dem ersten unrichtigen Wort, hätte der Zeuge, als Soldat, sie zur Ordnung rufen müssen und ihr nicht noch Stoff zu geben weiter auszusprechen, was aus ihrem Bericht, den wir heute bei ihren Sachen gefunden haben, hervor geht. Meine Tochter schrieb darin, daß nicht sie von strafbaren Sachen

zusprechen angefangen habe, sondern der Zeuge hatte sie gefragt, wo sich ihr Sohn habe röntgen lassen. Er sei auch krank und seine Eltern wollten, daß er sich untersuchen lassen sollte und zudem sei er auch den ganzen Kram da draußen satt. Trotzdem es ihm an der Front genau so ginge. Wie zu Hause, seit er dort ein russisches Mädchen habe, das alles für ihn tun würde. Also ist dieser Mann nur darauf ausgegangen, diese arme Kranke zu ruinieren. Das beweisen alle anderen Beweisaufnahmen, daß meine Tochter nie bösartig gehandelt hatte. Gerade ihr jahrelanger Hausarzt, Stabsarzt Dr. Rapflubula [?], der meiner Tochter immer ein behandelnter Arzt war, dessen Bericht ist die große, reine Wahrheit, über die Familie der Elisabeth Groß. Wir sind erschüttert, daß meine Tochter einen vielen seitenlangen Bericht und Lebenslauf im Gefängnis wahrheitsgetreu niederschrieb und auf der Verhandlung kein Wort zu ihrer Verteidigung sprechen konnte, was sicher die große Seelenqual und Herzensnot nach ihren Lieben verursacht hat.
Meine flehende Bitte soll gleichzeitig, des im Osten kämpfenden Gatten und Sohnes gelten. Der Sohn, der seine erste Verwundung in Frankreich erhielt und getzt als Panzerfahrer aus der 5 tägigen russischen Gefangenschaft entfliehen und die deutsche Kampflinie wieder erreichen konnte, weiß noch nichts von dem Unglück seiner Mutter. Der zweite Sohn wurde nach 3 jähriger treuer Pflichterfüllung, als Obergefreiter im Heer, wegen einer unheilbaren Krankheit entlassen. Für die, die furchtbare Strafe Ihrer geliebten Mutter unausdenkbar ist. Deshalb bitte ich Sie, mein Führer, als Mutter von zehn


II

braven, wohlerzogenen Kindern, um Gnade meines einzigen Unglückskindes. Auch die härteste Strafe für sie hätte ich ertragen, aber die Todesstrafe meines Kindes, das erträgt eine Mutter nicht. So wie die Vorsehung uns unseren Führer, für unser Volk erhielt, wäre ich die glücklichste Mutter, wenn Sie, mein Führer, die flehende Gnade einer Mutter zuteil werden liesen.
Heil, mein Führer!

Frau Elise Geiberger,
Worms/Rh.
Luginsland 23.

Trägerin des goldenen, deutschen Mutterkreuzes.

Gnadengesuch der Mutter von Elisabeth Groß, 24. Juli 1944

Bundesarchiv R 3017/31866

Gnadengesuch von Heinrich Groß für seine Frau, 4. August 1944

Bundesarchiv R 3017/31866

Protokoll der Verkündung der bevorstehenden Vollstreckung der Todesstrafe gegen Elisabeth Groß, 25. August 1944

Bundesarchiv R 3017/31886

Protokoll der Vollstreckung der Todesstrafe gegen Elisabeth Groß, 25. August 1944

Bundesarchiv R 3017/31886

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