Jan Uher

28. Januar 1891, Proßnitz (Prostějov) – 27. Oktober 1942
Jan Uher

Porträt von Jan Uher

Privatbesitz

Der Sohn eines Fabrikarbeiters absolviert das Tsche­chische Institut für Lehrerbildung und unterrichtet bis 1914 an verschiedenen Schulen. Ab 1919 studiert er Philosophie und Slawistik in Prag und wird per­sönlicher Bib­liothekar des Philosophen und ersten Staatspräsiden­ten Tomáš G. Masaryk, dessen Ideen ihn nachhaltig beeinflussen.
1935 wird er außerordentlicher Professor für Erziehungs­wissenschaften an der Masaryk-Universität Brünn (Brno), von 1937 bis 1938 hat er zudem einen Lehrstuhl an der Comenius-Univer­sität Bratislava inne.
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in die Tschecho­slowakei am 15. März 1939 begründet er im April eine zivile Widerstandsgrup­pe in Brünn mit, die später in der gleichfalls im Entstehen begriffenen Militärorganisation Obrana Národa (ON – Verteidigung der Nation) aufgeht. Ziel ist die Wieder­herstellung der Tschechoslowakischen Republik. Als einer der führenden Vertreter des Wider­stands in Mähren ist Jan Uher 1939 maßgeblich an der Vorbereitung des politischen Programms für einen neuen Staat beteiligt.
Ein eingeschleuster Spitzel enttarnt die „Intelligenz- oder Professorengruppe”, Jan Uher wird als einer der ersten am 20. November 1939 festgenommen. Der „Volksge­richtshof” verurteilt ihn am 9. Juni 1942 mit vier wei­teren Angeklagten wegen „Vorbereitung zum Hochver­rat” zum Tode. Er wird am 27. Oktober 1942 in Berlin-Plötzensee ermordet.
In seiner Bibel hält er vor der Hinrichtung fest: „Jan Uher, […] völlig dem Willen Gottes ergeben und in der Hoff­nung, dass wir nicht nur mit Leben und Werk, sondern auch mit dem Tod höheren Zielen dienen.“

Dokumente

Gefangenenkarte des Strafgefängnisses Plötzensee von Jan Uher

Landesarchiv Berlin A Rep 369 Kartei

Urteil des „Volksgerichtshofs” gegen Josef Jaroš und andere vom 9. Juni 1942

Archiv des Sicherheitsdienstes Prag (ABS) 141-201-1

Jan Uher
Berlin-Plötzensee, den 27.X.1942

Meine beste, innigst geliebteste Milusko, mir in dieser Welt Teuerste; nach der grossen Freude, die ich erlebt habe, Deinen Besuch zu haben, Dein liebes Gesicht zu sehen und Deinen lieben Worten anzuhören, hab ich erfahren, daß meine Tage gerechnet sind. Wie danke ich dem lieben Herrn Gott, dass er mir Dich noch vor meinem Abschied geschickt hat. Ich war zwar immer mit Dir, aber Deine Anwesenheit war mir so unendlich lieb eben in diesem Moment. Ich gehe von der Welt ganz ruhig, gefasst, in der Hoffnung, daß wir wieder Treffen und ewiglich miteinander leben werden in einer besseren Welt. Ich bitte Dich sehr, sei nicht traurig. Gedenke meiner mit Freude und danke Gott mit mir, daß der mir eine so lange Zeit zur Vorbereitung gegönnt hat. Ich kann es nicht ausdrücken und nicht begreifen, aber ich fühle eine innere Ruhe, es kommt mir vor wie an einem Feiertage. Es ist doch ein so wichtiger Tag für mich wie für Euch - der 27. Oktober 1942. Trage ihn in die Pädagogische Enzyklopaedie ein. Ich bitte Dich, meine geliebteste, mir alles zu vergeben, womit ich Dich
je gekränkt hab im Leben. Vergesse auf alle Übeln und gedenke nur der lichten Augenblicke unseres gemeinsamen Lebens. Ich danke Dir von meinem ganzen Herzen für Deine Liebe, für alles, das Du mir gegeben hast, womit Du mein Leben so reichlich gefüllt hast. Erst durch Dich hab ich zu mir selber geworden - alle meine Sachen laß ich Dir, Du sollst mit ihnen nach Deinem Willen disponieren. Du selber wirst entscheiden, was Du von ihnen dem Boreček und Jasánek zum Andenken an mich geben wirst. - Allen Verwandten richte, bitte, meine besten Grüsse aus. Der Maminka küsse ich die Hände und freue mich auf zusammentreffen mit Ihr auch alle andere grüsse mir herzlich. Allen meinen Freunden teile mit, dass ich auf sie immer gedacht hab, daß sie mir immer so nahe waren. Sie sollen mich nicht vergessen. - Ich bedauere nur, daß ich meine Arbeit nicht vollenden konnte - jetzt eben wäre ich fähig, das eigentliche zu schaffen - alles, was ich bis jetzt geleistet hab, war nur Vorbereitung. Aber Gottes Wille geschehe. Es werden sich schon die finden, die meine Arbeit fortsetzen werden. Vielleicht wird es nach dem Krieg möglich sein, meine Nachlassenschaft herauszugeben. Das wirst Du sehen. - Ich bitte, bete für mich und bitte alle, Die mir nahe stehen, sie sollen meiner in ihren Gebeten gedenken. - So nimm ich derzeit Abschied von Dir, meine einzige Milusko, und werde an Dich warten dort, wo es keinem Schmerzen gibt. - Ich küsse Dich, Du Seele meiner Seele, mit der ganzen Kraft meiner Liebe. Dein, ewig Dein Jan.

Abschiedsbrief von Jan Uher an seine Frau Milada vom 27. Oktober 1942

Privatbesitz

Bekanntmachung der Hinrichtung von Jan Uher und anderen, plakatiert Ende 1942 in Brno

Archiv des Sicherheitsdienstes Prag (ABS) 141-350-24

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