Richard Weissensteiner

6. Februar 1907, Pola (Pula) – 13. Mai 1943
Richard Weissensteiner

Richard Weißensteiner

Privatbesitz

Als sechzehntes von siebzehn Kindern wird Richard Weissensteiner in Istrien geboren. Er wächst als Halb­waise in wirtschaftlich sehr schwierigen Ver­hältnissen auf. Nach einer abgebrochenen Realschul­ausbildung beginnt er eine Dreherlehre, die er aber nicht beenden kann und arbeitet ab 1922 als Schweißer auf Werften in Pola und Triest.
Wegen fehlender Arbeitsmöglichkeiten zieht er 1930 nach Paris. Er schließt sich der syndikalistischen Be­wegung an und hat Kontakt zu kommunistischen Emi­granten aus Italien. 1934 geht er nach Deutschland, wo sein Bruder Walter in Fürstenwalde als Ingenieur tätig ist. Bis Richard Weissensteiner 1936 die deutsche Staatsbür­gerschaft erhält, darf er in seinem Beruf nicht arbeiten. 1937 heiratet er Hanni Stegherr.
Im Dezember 1939 wird Richard Weissensteiner dienstverpflichtet. In dieser Zeit besucht er Kurse als technischer Zeichner und Hilfskonstrukteur an einer Abendschule. Dort freundet er sich mit Hans Coppi an. Weissensteiner unterstützt die Rote Kapelle, indem er Coppi mehrfach seine Wohnung für die Reparatur und die Aufbewahrung eines Funkgerätes zur Verfügung stellt und Anfang September 1942 dem Fallschirmspringer Albert Hößler für etwa zehn Tage Unterkunft gewährt.
Nach der Enttarnung der Roten Kapelle wird Richard Weissensteiner am 16. September 1942 festgenommen, am 30. Januar 1943 vom Reichskriegsgericht wegen „Beihilfe zur Vorbereitung des Hochverrats in Tateinheit mit Feindbegünstigung” zum Tode verurteilt und am 13. Mai 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet.

Dokumente

Gefangenenkarte von Richard Weissensteiner

Landesarchiv Berlin A Rep 369 Kartei

Niederschrift des Reichskriegsgerichtes über die Hinrichtung von Richard Weissensteiner, 13. Mai 1943

Gedenkstätte Deutscher Widerstand

13. Mai 1943

Meine liebe gute Hanni, mein Bestes von dieser Welt!

Gestern waren es sechs Jahre, daß wir getraut wurden; ich habe den ganzen Tag an dich gedacht, ebenso habe ich das letzte Osterfest mit Dir verlebt indem ich alle Deine Briefe nochmals durchgelesen habe. Wenn Du nun diese Zeilen lesen wirst, werde ich nicht mehr sein. Heute wird ist mein letzter Tag. Alles hoffen war umsonst. Meinen Wunsch, Dich noch einmal zu sehen kann mir nicht mehr erfüllt werden. Nun meine liebe Hanni sei tapfer, artig und brav; ich werde ruhig sterben, mein letzter Gedanke gilt nur Dir.
Die ganzen Wohnungseinrichtung gehört natürlich Dir, und so wie Du frei wirst, wird Dir Angi natürlich alles zur Verfügung halten. Ich habe auch ein Testament geschrieben, dieses hat der Oberreichskriegsanwalt an das Amtsgericht Schoneberg geschickt. Ich schreibe heute noch an Angi u. an Walter. Halte Dich an Walter sie werden Dir alle helfen auch Angi habe ich darum gebeten. Du fällst dadurch niemandem zur Last. Es ist mein innigster Wunsch, daß Ihr alle friedlich zueinander seid Von meinen persönlichen Sachen denke bitte auch an Walter so weit Du sie nicht selber brauchst. Ich möchte Dir ja noch so vieles sagen, glaube aber mit den paar
Worte alles gesagt zu haben: „Bis zu meinen letzten Atemzug habe ich Dich unendlich geliebt“ Für alles Schöne u. Gute das Du mir geschenkt hast, hab meinen ewigen Dank. Wenn ich Dich manchmal geärgert habe, verzeihe mir bitte liebe Hanni. Jeder Mensch hat Fehler, so auch ich die meinen.
Im Grunde habe ich es immer nur gut gemeint u. nur gutes gewollt. Grüße mir bitte die lieben Eltern u Oma sowie Familie Einöder u. Grimi u. alle Deine Verwandten Heute nacht hatte ich noch von Dir geträumt. Wir wohnten in Tegel u. mein Vater hat uns besucht. Wahrscheinlich wollte er mir sagen, daß ich mir nun zu ihm kommen soll.
Halte Dich an Walter er wird Dir in allem helfen.
Meine Zeit ist nun um. Lebe wohl meine liebe Hanni. Es fällt mir eben ein Wort von Goethe ein.
„Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben
Durch die man zu den Quellen steigt
Und ehe man nur den halben Weg erreicht
muß wohl ein armer Teufel sterben.“
Addieu meine liebe Hanni - leb wohl in Frieden addieu. In Gedanken umarme ich Dich zum letzten mal mit einem glühend heißen Kuss

Dein Richard

Abschiedsbrief von Richard Weissensteiner an seine Frau Hanni vom 13. Mai 1943

Gedenkstätte Deutscher Widerstand

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