Max Behretz

22. Januar 1913, Roermond – 24. September 1942
Max Behretz

Max Behretz

Privatbesitz

Der aus einer niederländisch-jüdischen Familie stam­mende Radiomonteur und Rundfunktechniker Max Behretz ist seit 1927 Mitglied der antimilitaristischen Jugendbewegung „Nederlandsche Bond van Abstinent” und seit 1932 des „Jongeren Vredes Actie”, einer radikal pazifistischen Jugendorganisation. Um 1938 tritt er der niederlän­dischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) bei und leitet ab 1940 deren Ortsgruppe in Roermond.
Nach 1933 hilft er deutschen Emigranten wie Theo Hespers, einem religiös wie politisch motivierten Wider­standskämpfer aus Mönchengladbach, und unterstützt diesen zeitweilig bei seiner antifaschis­tischen Arbeit.
Nach dem Überfall der Wehrmacht auf das Königreich Niederlande schließt sich Max Behretz der Widerstands­bewegung an, wird in Eindhoven festgenommen und im Juli 1942 nach Berlin überführt. Ihm wird vorgeworfen, für den „britischen Spionage-Agenten Theodor Hespers” als „Unteragent” auf verschiedenen Wegen, vor allem bei der Verteilung von „Hetzschriften”, tätig gewesen zu sein.
Am 9. Juli 1942 verurteilt ihn der 2. Senat des „Volksge­richtshofs” wegen „Zersetzung der Wehrkraft des deut­schen Volkes in Verbindung mit Vorbereitung zum Hoch­verrat und Beihilfe zur landesverräteri­schen Ausspähung” zum Tode. Max Behretz wird am 24. September 1942 im Strafge­fängnis Berlin-Plötzensee ermordet.

Dokumente

Gefangenenkarte von Max Behretz

Landesarchiv Berlin A Rep 369 Kartei

Urteil des „Volksgerichtshofs” gegen Max Behretz, 9. Juli 1942

Bundesarchiv R 3017/28632

Max Behretz
Niederländer

Berlin-Plötzensee, den 26. Aug. 1942

An
Herrn Oberreichsanwalt/Volksgericht
in Berlin

Mein Gesuch um Wiederaufnahme meins Verfahrens ist laut Beschluss des 2. Senats des 13 Aug. ’42 abgelehnt worden. Es kam mir darauf an mir wichtig scheinende Punkte, welche bei der Verhandlung nicht genügend klar geworden sind, und worauf zum Teil das Urteil sich stützt, zu klären. So sagte der Hr. Präsident bei der kurzen Urteilsbegründung; dass meine Aussage, ich hätte Heinrichs als Spitzel erkannt deshalb „frei erfunden“ ist, weil ich dies nicht beim Vorferfahren gesagt hatt. Nun könnte ich durch Zufall dies in einem Fall durch Zeugen widerlegen lassen und den Krim.Ass. Richartz Lügenstrafen. Jetzt heist es in dem Beschluss des 13. Aug., dass dies nicht so wichtig sei; denn aus der Tatsache, dass ich mit Hespers ernsthaft versucht habe Peulen für einen Sprengstoffanschlag zu gewinnen, und mit Hespers ernsthaft gegen das Reich arbeitete F folgt aus der durch mich nicht angegriffenen und nicht angreifbaren Feststellung des Urteils hierüber; und somit wäre auch meine Mitarbeit mit Heinrichs ernst gemeint.
Herr Oberreichsanwalt, ich habe in meinem Brief

[linker Rand]
F Habe schon vor Gericht ausgesagt, dass die „Skizze“ falsch war. Wenn Peulen hingegangen
wäre (ich wusste ja nichts von Peulen) hätt er den Schwindel entdeckt und ich hätte Hespers gegenüber
mich mit meinem Nach[namen?] gedeckt. Durch mich wäre Peulen niemals in Gefahr, hielt

(des 3.ten od. 4ten Aug. ‚42)
den ich nach meiner Vernehmung am 1 Aug. 42 an Sie geschrieben habe und worin das am Schluss um Abänderung der Strafe auf dem Gnadenwege nachsuchte, gerade über die Sprengstoffsache geschrieben F, Der Brief müsste Sie am 13 Aug. schon erreicht haben. Ich erlaube mir zu bemerken, dass, wenn ich beim Termin aus dem Munde des Staatsanwalts die HauptGründe für meiner Verurteilung gehört hätte, so hatte ich diese sofern sie nicht auf Wahrheit beruhen sollten, gewiss angegriffen. Erst bei der Urteilsverkündung hörte ich diese z. Teil diese Gründe, namentlich, ich hätte über Spitzel Heinrichs im Vorverfahren nichts oder niemals etwas gesagt. Ich habe vor Gericht und später schriftlich versucht meine Haltung diesbezüglich zu erklären. Habe meine Angaben im Vorverfahren z. Teil mit innerem Vorbehalt gemacht u.a. sind durch Hr. Richartz auch z. Teil eine verzerrt. xxx Aber fast xxx sämtliche Angaben des Heinrichs über die Entwicklung der „Sprengstoffsache“ sind gänzlich Unwahr und verdreht. Ob er seinem Auftraggeber Kriminalsecretär Abels aus M.-Gladbach, hier mit ein Zeugnis seiner besonderen Geschicklichkeit geben wollte kann ich nicht wissen, aber gerade diese „Sprengsache“ hat er unsäglich dumm gemacht. ebenso die „Flugschriftensmuggelei“ Ich habe dagegen schon im Vorverfahren ausführlich den richtigen Sachverhalt angegeben; Ich hätte bei einem neuen Termin - oder anderem - Gelegenheit gehabt zu beweisen, dass er in ganz kontrolierbaren Fällen gelogen hat. I. Heinrichs sagt, ich hätte von ihm die Sprengung eines angeblichen Treibstofflagers nahegelegt. Hespers kann bezeugen, dass ich ihm Heinrichs dauerndes Drängen nach Sprengung mal erzählt habe. Ich habe nicht Heinrichs Name genannt, und ich wollte bloss mal sehen wieweit der Hespers gehen wollt, wie er hierauf reagieren würde. [durchgestrichen]


F weil der Beamte aus der Urteilsbegründung vorlas, dass durch die Zeugenaussage
einwandfrei bewiesen sei, ich hätte Peulen um Sprengung angehalten oder gegen-
[Zeile geschwärzt] ist nicht wahr.
Der Hr. Präsident hat mir im Anfang meiner Verkündigung das Wort entzogen, weil
ich als Jude wage, einen deutschen Beamten (Richartz) der Unwahrheit zu bezichtigen.


[auf dem Kopf stehend: Ich kann nicht Reden und meine Gedanken nicht kurz u. precise mündlich ver___ und über___.
Dies ist nur eine kurze Angabe der umstrittenen Punkte. Dasz ich anderes nicht berühre, bedeutet nicht, dasz ich mit dem einverstanden sein musz.
Ich habe meine Taten zugegeben, nicht die falsche Anschuldigungen.]

Ich habe keinen Moment daran gedacht auch jemals nur etwas dafür zu tun, da es sich ja nicht um Realität handelte was Hespers allerdings nicht wissen konnte. So kann Hespers bezeugen, dasz nicht er oder ich, sondern der geheimnisvolle Dritte sprengen wollte.
2°. Heinrichs behauptet, ich hätte ihm beauftragt, eine Sprengung auf einem Flugplatz vorzunehmen; er habe dies abgelehnt, darauf hätte ich ihm gesagt, den Bahnhof M.Gladbach in die Luft zu sprengen! - Hespers und eventuell auch Peulen können bezeugen, dasz niemals auch nur dies in Gedanken erwogen worden ist, sondern nur dasz Heinrichs seit längerer Zeit geradezu darauf erpicht war das Treibstofflager in Röttgen zu sprengen. (meine Angaben in d. Akte)
3°. Heinrichs behauptet bei, ich hatte den Treff mit ihm in Weert vereinbart um ihm den Sprengstoff auszuhändigen! Hespers und Peulen können bezeugen, dasz die Beschaffung des Sprengstoffs, wenn schon jemals ernsthaft durch Hespers erwogen (was ich stark bezweifelt habe), dies noch in weiter Zukunft lag.
4°. Heinrichs behauptet, ich hatte ihm 4000. Gulden zugesagt für die Sprengung des Bahnhofs.
Hespers kann bezeugen, dasz er mit mir nie über eine Summe hierfür gesprochen hat. Überhaupt habe ich immer den Eindruck gehabt, dasz Hespers Peulen und mich mit dieser Sache hinhalten wollte um

[linker Rand:
, weil der Beamte aus der Urteilsbegründung vorlas, dasz durch das ungenauere einwandfrei bewiesen sei, ich hätte Peulen um Sprengung angehalten oder gegen [nächste Zeile gestrichen]
Der Hr. Präsident hat mir im Anfang meiner Verteidigung das Wort entzogen, weil ich als Jude wage einen deutschen Beamten (Richertz) der Unwahrheit bezichtige
Der ganze Sprengkomplex ist gar nicht beim Termin erwähnt worden, um eine [unleserlich] !

uns zu ködern mit der Aussicht auf gröszeren Verdienst. Nur hierüber bin ich ganz im Zweifel, ob Hespers, oder Heinrichs über Sprengstoff in Truhen gesprochen hat. Gewiss habe ich Heinrichs im Wahn gelassen, dasz er mich übertölpelte, ebenso habe ich Hespers gegenüber alles getan um ihn zu täuschen, habe mich aber Hespers gegenüber einige Male bloszgestellt als er mich u.a. verschiedene Male nach den Personen meiner Vertrauensleute fragte. Da wusste ich nicht mehr was ich ihm ein voriges Mal gesagt hatte. Seine Frau sagte mir später, Hespers traue mir nicht ganz. ---
Ich habe Peulen auf Wunsch aus dem Stehgreif eine kleine Skizze gezeichnet für den angebl. „Wagenpark“. Diese Skizze ist gar keine Bezeichnung irgendeines Objekts, ist falsch! Warum hat die Polizei diese Wichtige Skizze nicht vorgelegt? Peulen hat sie bestimmt gut aufgehoben. Habe Wollte mich doch nicht bloszstellen gegenüber Hespers und sagen: ich weiss es nicht. Diese Täuschung mit der „Skizze“ ist meine einzige Einmischung bei Peulen gewesen. Die gegen das Reich gerichtet scheint.
Peulens Aussage vor Gericht, auch ich hätte ihm gesagt gegen das Reich zu arbeiten, oder ähnliches, ist absolut unwahr. Auf meinem Antrag beantwortete Hespers die Frage des Hrn Präsidents ob ich mich jemals eingemischt habe oder politisch, militärisch aufträge gab, verneinend, und zu Recht. Gerade Peulen konnte beobachten dasz ich mich um Peulens Sache nicht kümmerte und gar nicht so interessiert war für Hespers Aktionen. Nach meiner gegenüberstellung mit Peulen, Bericht is bei den Akten, sagte mir R. [xxx] Richartz: „Sie sehen, dass Peulen die Wahrheit sagte und nichts hinzu machte, und sagen auch ihre Warnung nicht für Hespers nach Aachen zu gehen, nicht Verschwiegen hat.“ Alle Ich hatte bei dieser Gegenüberstellung Peulen gefragt ob ich mich jemals eingemischt habe. Dies hat er eindeutig verneint. Nun, nachdem die Zeugen vom Rheinland für Berlin zusammengereist sind, gibt dieser Peulen mir den unerwarteten Eselstritt und behauptet das Gegenteil. Er konnte allerdings nicht wissen, dasz inzwischen Hespers verhaftet war, und ihm auch widersprechen konnte. Auch der nicht gehörte Zeuge Kurz hat an der Wahrheit, die Lüge gehängt, dasz ich ihn geschlagen haben soll. Keine wichtige Sache aber Hespers kann auch dies lügenstrafen.

[linker Rand:]
Es scheint ein ____gesetz zu sein, dasz ein Polizeispitzel, wenn er meint, kein Risiko zu laufen, ein Schutz seiner wahren Angaben zum Nachteil eines Verdächtigen lügen musz (Kurz, Heinrichs, Peulen): Ich bestreite keine Tatsachen, [unleserlich/durchgestrichen] oder wie es endlich ___ ___ ___
Max Behretz

Gnadengesuch von Max Behretz vom 26. August 1942

Bundesarchiv R 3017/28636

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