Inocenc Brzobohatý
Im Frühjahr 1941 lernt Inocenc Brzobohatý bei einem Auftrag in einem Kriegsgefangenenlager den serbischen Kriegsgefangenen Dikič kennen, der fliehen will. Er schließt sich diesem Vorhaben an und plant, über Ungarn nach Serbien zu gehen.
Ende März 1941 überqueren beide Männer die ungarische Grenze, werden jedoch im Landesinneren festgenommen, wegen unbefugten Grenzübertritts zu vier Wochen Haft verurteilt und anschließend in die Slowakei abgeschoben. Dort stellt sich Inocenc Brzobohatý und wird am 30. Juni 1942 den deutschen Behörden übergeben.
Am 17. Juni 1943 verurteilt der „Volksgerichtshof” ihn wegen „Zersetzung der Wehrkraft” zum Tode. Ihm wird zusätzlich vorgeworfen, seit 1939 regelmäßig den Londoner Rundfunk abgehört zu haben.
Inocenc Brzobohatý wird am 20. August 1943 im Strafgefängnis Plötzensee ermordet.
Dokumente
Inocenc Brzobohaty
Liebe Mutter und Lado.
Vor allem Herzliche grüse und Küsse vom mir. Liebe Mutter ich danke Ihnen für die Zähn RM und die Weinachtskarte und zwei Brüfe velche ich am 3 und 4 Jäner erhalten habe. Liebe Mutter derfen Sie nich vunde das fom mir die brüfe so lange am veg sind veil jeder brüf ob schon vom mir oder fom Ihnen gehet ekstra nach Berlin varum verstehe ich selbst nicht. Die Weinachtskarte habe ich auch erst vor vier tagen bekomen. Liebe Mutter es ist mir sehr traurig ven ich die Brüfe liest aber Sie schraibens mir richtig ich habe soln sagen nein und vieder nein und hab soln aushalten beim Firma
trotzdem das tes schon so schrecklich war. Jetz mus ich fül durchmachen und mitmachen das mir manchmal komt nich zum überleben. Der langer zeit und ales anderes und das denken ich habs nicht machen soln ich war ein trotel in diesen zeit so vas tun ich denke oft ist das meglich das ich so vas gemacht habe? gleich mechte ich mich umbringen aber dan denke ich so ich hab doch niks ferbrochen niemanten umgebrach und dan denke ich mus das aushalten und dann dann verde ich nie mehr jemandn in solche sache folgen sonder dan habe ich ein grosm beispül für evickheit. Dann verde ich erlich arbeiten und immer mit eltern zusamensein auch immer mit rat meinen eltern folgen. Mann veist erst jetz ven schon zu speth ist aber ales verde ich einbrüngen. Hofentlich verde es schon bald und ich
kome nachauze mit meinen Vater dann verden vier Siech vieder gern haben und es verde vieder ales nach damaligen zeit veiter gehen. Ich freie mich schon sehr auf die Arbeit die vas ich immer geleistet habe gern. Dann Liebe Mutter und Lado dann verden vier vieder zufrieden sein mit einen grossen beispil velchen vir missen jetz durchmachen. Der arme Vater auf den ven ich mich erinne müs ich veinen.
Mitt dem ende ich mein Brüf und ich Grüsse Euich tausendmal
vie Küse Sie Liebe Mutter und Bruder Lado.
Mitt Gott Euir sohn Ina.
10.1.43.
[linker Rand:
Lieber Bruder Lado ich bin Dier sehr dankbar für Deinen schreiben vas Du mir geschrüben hast. Es hat mir sehr gefreit fom Dier.]
Brief von Inocenc Brzobohatý an seine Mutter und seinen Bruder aus einem Wiener Gefängnis vom 10. Januar 1943
Bundesarchiv R 3017/8848, Bd. I
Anklageschrift des „Volksgerichtshofs” gegen Inocenc Brzobohatý und andere, 1. März 1943
Bundesarchiv R 3017/27747
Urteil des „Volksgerichtshofs” gegen Inocenc Brzobohatý und andere, 17. Juni 1943
Bundesarchiv R 3017/8848, Bd. I
Betrifft: Todesurteil vom 17 Juni 1943.
des Volkgerichtshofes in Berlin
wider Inocenc Brzobohaty.
Mein Führer!
Mein Sohn Inocenc Brzobohaty wurde am 17 Juni 1943 vom Volksgerichtshofe in Berlin zum Tode verurteilt.
Aus der Tiefe meines bedrängten Mutterherzens flehe ich Sie, mein Führer an, das Todesurteil überprüfen zu lassen und meinen Sohn zu einer Freiheitsstrafe zu begnadigen. Durch Fehler in der Protokollierung vor der Staatspolizei in Göding ist ein allzuungünstiges Bild meines Sohnes entstanden, vor allem herforgerufen dadurch, dass er der deutschen Sprache nur in ungenügendem Masse mächtig ist und sich daher in Göding nicht richtig auszudrüken vermochte. Dieser anfänglich ungünstige Eindruck hat auch späterhin vorgehalten und konnte nicht mehr verwischt werden. Mein Führer! Mein Sohn ist ein bisher vollkommen unbescholtener Mensch, arbeitseifrig und willig, der den allerbesten Leumund genossen hat, aber von Kindheit an gefühlvoll und romantisch, ja man kann sagen: abenteuerlich eingestellt war.
Er ist gewiss besserungsfähig, weil er auf das tiefste bereut, und durch Arbeit seine Verfehlungen sühnen will. Das ist kein leeres Wort, denn er war immer ein fleissiger und besonders tüchtiger Arbeiter und ein braver Sohn und Bruder. Mein Führer! Ich selbst die unglückliche Mutter bin jedenfalls vollkommen schuldlos. Würde mein Sohn hingerichtet werden, stehe ich völlig verlassen da, da auch mein Mann und zwei Schwäger sich in Haft befinden. Durch die unbesonnenen Tathandlungen meines Sohnes bin ich als seine schuldlose Mutter am härtesten gestraft und der Verzweiflung überantwortet. Ich bin eine einfache Landarbeiterin und kann nicht diese Worte finden, die notwendig sind, um meine unendlich traurige Lage ergreifend genug darzustellen. Eines aber ist sicher, dass ich als schuldlose Mutter und Gattin auf das allertiefste leide. Ich flehe Sie daher an, mein Führer, das Todesurteil bezüglich Inocenc Brzobohaty überprüfen zu lassen und meinen Sohn, der sicherlich besserungsfähig ist, dem Leben zu erhalten. Seine Tag möge er im Zuchthaus sühnen, doch möge er seines Fleisses und seiner Sohnesliebe wegen Barmherzigkeit finden. Ich flehe Gottes Segen auf Sie, mein Führer, herab, und danke Ihnen in tiefster Ehrfurcht.
Cäcilie Brzobohaty.
Drittes Gnadengesuch von Cäcilie Brzobohatý für ihren Sohn Inocenc Brzobohatý, Juli 1943
Bundesarchiv R 3017/8848, Bd. I
Mitteilung des Strafgefängnisses Plötzensee zur Vollstreckung des Urteils gegen Inocenc Brzobohatý vom 20. August 1943
Bundesarchiv R 3017/8848, Bd. I